Materialsuffizienz
Plattformleitung: Mladen Jadric
Materialbibliothek: Kai Merkert
Positionierung
Die Auseinandersetzung mit der Materialität des gebauten Umfelds bildet eine parallele Tradition zur Theorie der Architektur. Materialien und Oberflächen artikulieren sich durch eine eigene Sprache. Der französische Philosoph Gaston Bachelard hat sich mit der Wissenschaftstheorie und Kunst gleichermaßen beschäftigt. Er bezeichnet sie liebevoll als „poetische Chemie“: Steine verraten ihre geologische Herkunft, Ziegel sind ein Treffen zwischen Erde und Feuer, Holz kennt ein Leben nach dem Tod. Materielle Tradition greift auf Geschichte, bildende Kunst und zeitgenössische Architektur zurück, um Themen wie Tiefe, Opazität, Gewicht, Patina, Haptik, Temperatur und Alterung der Materialien zu untersuchen. Architektur ist nicht nur visuelle Disziplin. Raum, Ort und Gebäude können multisensorische Erlebnisse sein – Bachelard nennt sie die „Polyphonie der Sinne“.
In Zeiten, die zunehmend von der digitalen Produktion bestimmt werden, untersucht diese Forschungsplattform die Herstellung, Anwendung und Wiederverwendung konstruktiver Elemente und Materialien. „Materialsuffizienz“ beleuchtet die vielfältigen Einflüsse auf die materielle und konstruktive Gestalt unserer Welt. In einem komplexen Entwurfsprozess, wo synchron viele Aufgaben zu lösen sind, wird die Herstellung und das Zusammenspiel der Materialien ein wesentliches Element der zeitgenössischen Architektursprache bleiben. Im Fokus stehen Themen, die für die zeitgenössische Architekturdebatte relevant sind und der Diskurs über die zukünftige Praxis, die von Umweltschonungs-Prämissen definiert wird und auf einem historischen Verständnis der Bedeutung und Verwendung von Materialien und des Handwerks im Bau basiert. Weiters wird die Beziehung eines Materials zum Kontext, zur Geschichte und zur Bautradition und Baukultur untersucht.
Didaktische Ansätze
Im Kontext der Nachhaltigkeit ist die Kontrolle der Materialströme – der Fluss von Materialien durch die verschiedenen Phasen eines Produkts, vom Rohstoff, über die Herstellung, Nutzung und Entsorgung – essenziell. In die nähere Betrachtung soll die Bewegung aller im Wirtschaftsprozess erzeugten Produkte und Nebenprodukte sowie Emissionen, Einleitungen und Abfälle einfließen. Ein kuratiertes Fachwissen über die Materialien, ihre Anwendung und Kenntnis der Konstruktion ist Grundvoraussetzung für Innovation. Das Ziel ist durch verbesserte Konstruktionsmethoden, insbesondere über verbesserte Planung das Wissen über Materialien zugänglich und anwendbar zu machen. Planung soll, über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, mehr Effizienz, soziale Akzeptanz sowie die Gesundheit und das Wohlbefinden fördern.